Seit Monaten kommen sie fast täglich: Abmeldungen im Netzwerk und Ankündigungen bei Facebook und Instagram. „Wir schließen“ heißt es dort und meistens sind es Unverpacktläden, die ihre Ladentüren schließen müssen. Warum ist das so?
Dabei lief es zunächst gut: Der Trend passte zur Friday-for-Future-Bewegung und auch wer nicht für den Klimaschutz auf die Straße ging, fand in diesen neuen Angeboten Möglichkeiten, selbst etwas gegen den Klimawandel zu tun. Ohne Chemie gezüchtet, ohne lange Lieferketten transportiert, fair gehandelt und ohne Verpackungsmüll zu kaufen – das passte einfach und sprach viele an. Es war der richtige Ort für so etwas. Aber die falsche Zeit:
Zu viele Krisen nacheinander
Fast alle Händler:innen sind kurz vor Corona gestartet und viele, die mit viel Herzblut und viel Optimismus diese erste Krise überlebt haben, kamen bei der zweiten finanziell ins Schleudern. Ganz viele brauchten ihre Ersparnisse oder gar die Altersvorsorge auf, andere verschuldeten sich und stehen nun auch privat vor der Insolvenz.
Blieben bei Corona wegen Lockdown und Maskenpflicht die Kunden zuhause, aber wenigstens noch über einen schnell ins Leben gerufenen Lieferservice oder Abholservice erreichbar, sind sie nun wirklich weg.
Angesichts der bevorstehenden Einschränkungen halten die Menschen ihr Geld zusammen und kaufen lieber billig, als Qualität oder sie investieren in mehr Unabhängigkeit bei Mobilität, Energie und Wärme und drehen beim Rest ihrer Ausgaben jeden Euro zweimal um.
Einkauf als Frage der Ideologie
Kleine Läden werden als erweitertes Angebot verstanden, denn im Gegensatz zum Supermarkt hat der kleine Einzelhändler eben nicht alles im Sortiment. Schließlich stehen ihm keine 1.000 und mehr Quadratmeter zur Verfügung. Wäre es so, wäre er nicht mehr „klein“, sondern ebenso ein Vollsortimenter, wie EDEKA, REWE, KAUFLAND und GLOBUS.
Die Menschen haben durchaus den Nutzen von Unverpacktläden erkannt. Sie kaufen nachhaltig, weil nur so viel wie benötigt und dies eben ohne umweltschädliche Verpackung. In den allermeisten Fällen sind die Produkte von heimischen Erzeugern, bio und fair gehandelt. Man weiß also, was man davon hat. Und man unterstützt heimische Bauern und Manufakturen und nicht zuletzt den Händler bzw. die Händlerin – oft kennt man sich persönlich.
Genau das ist aber das Problem: Wenn man das „erweiterte Angebot“ nicht zur Grundversorgung nutzt, sondern aus eher „ideologischen“ Gründen dort einkaufen geht, dann sind diese Läden das erste, das dem Rotstift zum Opfer fällt. Wenn man sparen muss, kauft man Milch, Mehl und Nudeln bei ALDI & Co. – „schmeckt schließlich genauso“, wie man plötzlich gewahr wird. Das Tetrapack, die Plastiktüte und der Umstand, dass das Mehl von Feldern mit gespritzten Monokulturen kommt, spielt plötzlich keine Rolle mehr. Qualität hat ihren Preis – und den ist man nicht mehr bereit, zu bezahlen. Schließlich geht es immer billiger und geht es ums Geld und da hört die Freundschaft auf. Auch die zu der netten Verkäuferin nebenan, dem Bauern aus dem Nachbarort und dem Fleischer aus der nächsten Stadt. Wenn es Geld spart, darf es wieder das Hähnchen aus der Großmast in Polen sein, das Mehl vom Korn der Felder Osteuropas und die industriell gefertigten Nudeln aus der Fabrik in Italien.
Wenn es alles das nicht mehr gibt – wegen Sanktionen oder durch Versiegen durch Krieg und Krisen – dann wird gehamstert, was noch da ist. Im Discounter streitet man sich um die letzte Flasche Speiseöl – im kleinen Laden um die Ecke stehen genug Flaschen, aber keiner geht hin. Aus den Augen, aus dem Sinn?
Kauft lokal? In der Krise erst recht!
Dabei gibt es gute Gründe, auch in mageren Zeiten die kleinen Läden mit den heimischen Produkten aufzusuchen. Hier gibt es viele gesunde natürliche Alternativen zu den industriell gefertigten Produkten mit Konservierungs- Farb- und Zusatzstoffen. Gesundheit ist in der Krise das, worum man sich selbst kümmern muss. Eine gesunde Ernährung macht schon den größten Teil der Gesundheit und Fitness aus!
Sollte es zum Äußersten kommen, wird vieles nicht mehr so funktionieren, wie wir es kennen. Ohne Strom lässt sich nichts einfrieren. Es braucht also Alternativen zur Konservierung von Lebensmitteln. Einwecken, Einlegen, Pökeln, Räuchern – das sind uralte Konservierungsmethoden, die in Vergessenheit geraten sind. Ebenso kann die Zubereitung anders stattfinden müssen, als wir es kennen. Ein offenes Feuer funktioniert anders, als eine Induktionskochplatte und ein Steinofen lässt sich nicht auf eine bestimmte Temperatur einstellen.
Oder es fällt eine Zutat weg. Was nimmt man als Ei-Ersatz, wie lässt sich Milch ersetzen? Welches Mehl funktioniert beim Backen genauso gut, wie das bisher gekaufte Weizenmehl? Wie lassen sich Stärke und Zucker ersetzen?
Gerade alternative Anbieter, wie Bauern- und Bioläden und Unverpackthändler kennen sich mit diesen Themen gut aus. Sie verkaufen nicht einfach nur alternative Produkte, sondern sind auch Experten, deren Stunde kommt, wenn wir uns nicht mehr an Omas alten Tipps erinnern.
Auch Patrioten bleibt nur der Weg zu regionalen, lokalen oder eben „nationalen“ Produkten. Die beste Sanktion gegen ein anderes Land ist immer noch, kein Geld dorthin fließen zu lassen, also von dort nichts zu importieren. Dazu muss man sich unabhängig machen und das tut man, indem man die deutsche Wirtschaft unterstützt.
Das mag einigen sauer aufstoßen, weil es an die Nazi-Propaganda in den Dreißigern erinnert, aber genau darum ging es damals: Die eigene Wirtschaft stärken – für den nächsten Krieg. Wir hoffen, dass es keinen nächsten Krieg gibt – für uns und für alle nach uns. Aber wenn wir uns unabhängig machen wollen, müssen wir unsere Wirtschaft stärken – auch die Bauern, auch die Handwerker, auch die kleinen Dienstleister. Jede/r Arbeitslose ist eine/r zu viel in einem Land, das „gemeinsam stark“ sein will.
Man muss aber gar nicht patriotisch sein, um gute Gründe für den Kauf heimischer Produkte zu finden. Am Ende geht es um Menschen, die ihren Job behalten oder verlieren, die mit ihrer Qualifikation hier etwas bewirken können oder abwandern müssen und deren Kinder nach uns in diesem Lande leben oder mit uns hadern, weil wir ihnen die Zukunft genommen haben werden.
Was kannst du tun?
Darum lasst uns überlegen, was jeder von uns hier und direkt tun kann. Haben wir nicht doch noch Geld übrig, um gesunde Lebensmittel vom kleinen Einzelhändler zu kaufen? Ist uns unsere Gesundheit nicht doch ein paar Euro mehr wert? Auf was – vielleicht sogar ungesundes – können wir stattdessen verzichten? Ist es nicht eine Win-Win-Situation, wenn wir uns, unserem Lieblingshändler und den heimischen Erzeugern gleichzeitig etwas Gutes tun?